Wie gestalte ich ein bioaktives Gehege?

Das naturnahe Gehege versuche ich seit Beginn dieser Gehege-Gestaltung zu optimieren und den jeweiligen Tieren anzupassen.

In der Terraristik sind bioaktive Gehege bereits lange vertreten und durch Bekannte, die schon langjährige Terraristik-Experten sind, habe ich mich ebenfalls an Asseln und Co gewagt.

Dass ich abseits vom Biologie Leistungskurs aus der Zeit in der Oberstufe mal über Ökosysteme, Biotopen und Symbiosen schreiben werde habe ich nicht gedacht, but here we go!

Ich hoffe sehr, dass ich mit diesem Bericht andere Hamsterhalter dazu motivieren kann sich auch einmal an ein bioaktives Gehege zu wagen. 

 

Zunächst ein paar Begriffe, die für das Verständnis des Berichtes von Vorteil sind (einfach erklärt!): 

Bioaktiv in Bezug auf das bioaktive Gehege: Eine biologische Aktivität aufweisend; es finden Umbauprozesse statt die sich auf das Ganze auswirken; Bioaktive Prozesse gehen einher, je reicher und vielfältiger das Bodenleben ist

Ökosystem: Ein Ökosystem ist eine Lebensgemeinschaft von Lebewesen in einem bestimmten Lebensraum.

Symbiose: Das Zusammenleben von Lebewesen verschiedener Art zu gegenseitigem Nutzen.

Bodenpolizei: Die "Bodenpolizei" hilft Schimmel zu vermeiden, zersetzen abgesonderten Urin und Kot und fressen (Frisch-)futterreste zuverlässig; Kombination aus verschiedenen Gliederfüßern, hier Asseln und Springschwänze

 

Was ist ein bioaktives Gehege? 

Im Gegensatz zu einem Streugehege "lebt" ein bioaktives Gehege. Es ist ein eigenes kleines Ökosystem, ein Biotop. Neben dem Hamster als Hauptbewohner ist die Bodenpolizei maßgeblich an der Aufrechterhaltung dieses Systems verantwortlich. Ziel ist eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Symbiose zwischen Hamster, Erdsubstrat, Pflanzen und der Bodenpolizei. 

 

Die Bodenpolizei

Um ein bioaktives Gehege am Leben zu halten, benötigt man eine Bodenpolizei. Sie beseitigen Abfall (bspw. Hamster-Kot), Schimmel- und Pilzsporen und helfen dabei, die Erde zu lockern und zu belüften. Sie sorgen also dafür, dass das Gehege sauber und gesund bleibt.

Im Fall einer bioaktiven Gehegegestaltung eignen sich vor allem Asseln und Springschwänze. (weiße Asseln sind der Klassiker; zusätzlich kann man kubanische und Panda Asseln nutzen). Bei weißen Asseln und Springschwänzen müsst ihr euch keine Sorgen zwecks Ausbruch machen: Sie sind Heimatstreu und bleiben da, wo ihre Lebensbedingungen stimmen.  Die Population der Asseln wird durch das Nahrungsangebot reguliert. Normalerweise bekommt man die Kleinen auch nur selten zu Gesicht. Sie gehen nachts auf Nahrungssuche und kommen nur an die Oberfläche wenn unten nichts mehr zu finden ist. Den Hamster stören die Kleinen Helfer nicht. 

 

Voraussetzung für ein Bioaktives Gehege ist ein Glasgehege. Bei einem Holzgehege, auch wenn es durch Lack von innen gegen erste Feuchtigkeit geschützt ist, habt ihr nicht die Einsicht in das Gehege wie bei einem Glasgehege und könnt kaum beobachten. Zudem kann es sein, dass die Feuchtigkeit dennoch ihren Weg in das Holz findet.

 

Für das Bioaktive Gehege benötigt man:

- (Aquarium-)Kies (grob) oder Blähton/Tonkugeln 

- verschiedene Bodensubstrate; Kokoserde + Lehmgemisch + Sand (Chinchillasand)

 

- Futterpflanzen (z.B. Goliwoog , Grünlilie, Katzengras, Vogelmiere)

- Sämereien (bspw. aus dem Trockenfutter)

- Wassernapf

- "Bodenpolizei" z.B. weiße Asseln, Panda Asseln, kubanische Asseln,  Springschwänze

- Hygrometer (Messung der Luftfeuchtigkeit)

 

Verstecke wie Korkröhren, Weinreben, Keramik und Tonverstecke, ein Laufrad, ein Sandbad

 

Gestaltung:

Ein bioaktives Gehege sollte nicht zu trocken sein, aber auch nicht zu feucht für den Hamster werden. Um Staunässe zu verhindern sollte der Boden des Geheges mit abgerundetem Aquariumkies ausgelegt werden. Alternativ kann man auch Blähton verwenden. 

 

Großes und schweres Zubehör (Sandbad, Weinreben, Korkröhren) müssen standfest stehen und sollten bereits vor dem Befüllen der Erde im Gehege Platz finden. 

Holzzubehör sollte entweder mehrfach lackiert werden oder ganz gegen feuchtigkeitsresistente Materialien ausgetauscht werden. Hier empfehlen sich Keramik oder Ton. Das Laufrad und andere Dinge kann man bspw. auf Rundrohre (Baumarkt) stellen oder mittels Ton- und Keramikebenen einen Platz dafür schaffen. Zubehör aus Holz kann man natürlich dennoch verwenden - die Bodenpolizei würde sich bei auftretendem Schimmel direkt kümmern. ;-)

 

Als Bodengrund dient uns Kokoserde. Ich habe stets positive Erfahrung mit der Erde von Grünhopper, Allkokos und JBL TerraCocoHumus gemacht. Hierbei handelt es sich jeweils um die reine Kokoserde. Bei den beiden erstgenannten hat man bereits gelockerte Erde zum fertigen umfüllen, bei letzterem muss man die Erde in Wasser quellen lassen. (Dann bitte nur mit der Hälfte der angegebenen Wassermenge!) 

Als weitere Möglichkeit kann man die Kokoserde nun noch mit Lehm mischen um es grabfähiger zu machen und dem Hamster damit die Chance zu geben, dass Gänge noch besser halten. Bei besonders buddelfreudigen Hamstern konnte ich hier gute Erfahrungen machen. 

Um das Gemisch herzustellen habe ich ca. 4kg Lehm auf 50l (einen Beutel Grünhopper Kokoserde) gemischt. (Bspw. Desert Bedding v. Lucky Reptile; Zoo Med XR-10E Clay; Lehmpulver)

 

Den Bodengrund um das Zubehör einfüllen und Asseln und Springschwänze im Gehege verteilen. Auch Sämereien kann man zwischendurch bereits in der Erde verteilen. Die Erde muss nicht fest angedrückt werden.

 

Weiteres Zubehör sowie Napf, Erlebnisfutter und Futter im Gehege verteilen. Frischfutterpflanzen in einem Ton-Topf oder einer Ton-Schale ins Gehege stellen. Kleine Ableger von der Grünlilie kann man aber auch z.B. in die Erde setzen.

 

Die Pflege des Geheges:

Die Kokoserde muss nur selten zusätzlich mit Wasser besprüht werden da vor allem buddelfreudige Hamster die Erde stets gut durchmischen. Je nach Bedarf sollte man Pflanzen leicht anfeuchten. Das Sandbad je nach Bedarf aussieben und ggf. reinigen wenn es als Toilette genutzt wird, da die Bodenpolizei sich primär nur in der Erde aufhält. 

Die Bodenpolizei musste ich bislang nicht nachsetzen.

Frischfutterreste muss ich nur äußerst selten entfernen, meist wenn diese noch zu groß sind. Pipiecken habe ich seitdem nur selten reinigen müssen. Die Kleinen "Untermieter" leisten also ganze Arbeit. 

 

Luftfeuchtigkeit:

Im Idealfall beträgt die Luftfeuchtigkeit im Gehege 40-60%. Um dies zu messen, sollte für 1/2h ein Hygrometer ins Gehege gelegt werden um einen genauen Wert zu erhalten. Der Wert gibt Ausschluss darüber, ob man erneut befeuchten sollte oder ob das Gehege ggf. schon zu feucht ist. Eine Befeuchtung sollte nicht mittels Gießkanne erfolgen, nutzt bitte ein Sprühgefäß zur leichten Befeuchtung. Das Gehege sollte an einem Ort stehen, an dem es gut belüftet wird aber gleichzeitig auch nicht der puren Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist (tropisches Klima!). 

 

Frischfutterpflanzen: 

Goliwoog (recht Calciumhaltig daher nicht oft füttern), Grünlilie (Blüten sind giftig und müssen entfernt werden) und Katzengras findet man z.B. in der Zoohandlung. Wichtig ist, die Pflanzen vor dem Umtopfen gut abzuspülen (v.a. die Wurzel) da häufig Dünger verwendet wurde. Ich setze die Pflanzen in Gefäße mit Kokoserde und habe damit gute Erfahrungen. Anfangs ist es möglich, dass die Pflanzen im Gehege relativ schnell "abgegrast" sind - am besten regelmäßig erst wenig an Pflanzen rein setzen und die Menge steigern. Merken die Hamster, dass stets Frischfutterpflanzen um sie herum sind, fressen sie diese nur bei Bedarf und versuchen nicht sie direkt zu "inhalieren". 

Aus den Sämereien des Trockenfutters keimen zudem auch einige Pflanzen - es ist wirklich interessant was sich innerhalb kürzester Zeit in so einem Gehege entwickelt!

 

Todesfall - und nun?

Eine Frage die mich und viele andere grübeln ließ. Komplette Gehegereinigung oder kann man einen anderen Hamster problemlos in das Gehege setzen? Riecht ein anderer Hamster seinen Vorgänger? 

Als im März '21 einer meiner Hamster verstarb hatte ich das Gehege leer gemacht und die Erde im Garten weiter verwendet.

Im Juni '21 verstarb dann ein weiterer "Hamster-Opi" und ich gab dem Gehege knapp zwei Wochen um sich zu regenerieren. So hatte die Bodenpolizei genug Zeit, alles zu zersetzen was noch zu zersetzen war. Zudem räumte ich lediglich ein wenig auf, es gab ein frisches Sandbad und ein wenig frische Erde da sich mit der Zeit schon einiges abgesetzt hatte. Daraufhin zog ein junger Hamster ein. Ich hatte nicht den Eindruck dass er gestresst wirkte oder auf der Suche nach dem Hamster wäre der vorab in dem Gehege gelebt hatte. 

 

Allgemeine Beurteilung: Ich werde nun nach und nach alle neu einzurichtenden Gehege auf bioaktive Gehege umstellen insofern nichts dagegen spricht. Es ist wirklich interessant zu beobachten was sich in den Biotopen entwickelt. Liegen gebliebenes Trockenfutter keimt zu kleinen Pflanzen, die Hamster buddeln viele Gänge und wirken viel aktiver und motivierter das Gehege umzugraben. Asseln und Springschwänze vermehren sich super und halten das Gehege wunderbar sauber. Den Hamstern scheint die Bodenpolizei gar nicht groß aufzufallen - und wenn doch gibt es einen Snack für zwischendurch. ;-) Keinerlei Geruchs- und Staubbildung. Toilettenecken musste ich bisher nur in den Gehegen reinigen, in dem mehr als ein Tier gelebt hatte - in meinem Fall wenn ein Muttertier ihrem Wurf groß zieht oder wenn die Toilette unerreichbar für Asseln und Co. war - bspw. das Sandbad. Andernfalls werden Kot und Urin komplett von der Bodenpolizei zersetzt. 

Dieses Gehege ist kosten- und zeitintensiver als "normale" Gehege und mit viel Planung und Beobachtung verbunden! 

 

Diese Seite wird stets aktuell gehalten. Ich habe die ersten Gehege dieser Art erst seit 2021.







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